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Kaffeeolympiade

Zurück von der Kaffeeolympiade. Was für ein Event! Erna Tosberg ist (erneut) deutsche Barista-Meisterin, Hannes Fendrich hat sich (wie im Jahr zuvor auch) den Pokal beim Brewers Cup geholt und auch Mateusz Petlinski, amtierender deutscher Meister und Vize-Weltmeister im Cup-Tasting, ist Wiederholungssieger.

Die Meisterschaft fand in diesem Jahr in der Messe Food & Life in München statt. Die Bühne für die deutschen Meisterschaften war mitten im Messetrubel aufgebaut. Das machte die Atmosphäre sehr lebendig, vielleicht sogar drängelig und hektisch. Aber: eine solche Messe ist natürlich eine einmalige Chance, einem breitem Publikum vorzustellen, was die Kaffee-Szene so macht, dass es überhaupt Wettbewerbe gibt und wie professionell eine Performance bei der Meisterschaft abläuft. Denn viele wissen nicht, dass es im Kaffee-Bereich Meisterschaften gibt. Manch einer mag spotten: Was macht Ihr bei einer Kaffeeolympiade? Kaffeesack-Weitwurf? Für alle, die sich also fragen „Was ist überhaupt eine Kaffee-Olympiade?“: Es gibt jährlich Meisterschaften, wer den besten Kaffee kocht. Das wird in verschiedenen Disziplinen ermittelt. Die Sieger der deutschen Kaffeeolympiade vertreten Deutschland dann bei den Weltmeisterschaften.

Die Disziplinen der Kaffee-Meisterschaft

Rösten

Aus organisatorischen Gründen (u.a. Abluft) wurde der beste Röster des Landes nicht im Rahmen der Messe ermittelt, sondern schon vorab, bei Probat in Emmerich. Hier hat Alec Pfuhl (Rehm & Co.) gewonnen.

Coffee in Good Spirits

Schöner Name, schöne Disziplin: hier geht es darum, Kaffee und Alkohol zu wunderbaren Kreationen zu kombinieren. Als Beispiel sei der Klassiker Irish Coffee genannt. Die Teilnehmer sind hier als Mixologen und Baristi gefragt. In diesem Jahr auffällig: Für die Kaffeekreationen verwendeten die Teilnehmer keine Espressi, sondern ausschließlich frisch gefilterten Kaffee. Gewonnen hat Timon Kaufmann vom Standl 20 in München mit Kaffee von Johannes Bayer.

Brewers Cup

Die Teilnehmer des Brewers Cup stellen unter Beweis, dass sie mit Hilfe von Mühle, Wasser und Filter das Maximale aus dem Kaffee rausholen. Hier punktet man mit perfekter Extraktion. Ein überaus wichtiger Bestandteil des Filterkaffees ist das Wasser (98%!). Daher brachten einige Teilnehmer selbst designtes Wasser mit idealem ph-Wert mit. Den Titel holte sich – wie im Vorjahr auch – Hannes Fendrich aus Berlin. Ein Auftritt, der mir außerdem im Gedächtnis geblieben ist: Matthias Hoppenworth (Hoppenworth & Ploch, Frankfurt) weckte bei der Jury schon Vorfreude, bevor er überhaupt mit dem Brühen begonnen hat. In beneidenswerter Ruhe beschrieb er ausführlich das Aroma (u.a. Rhabarber und Vanille) seines Kaffees aus Tansania.

CupTasting

Eine tolle Disziplin, wie ich finde. Beim Cup Tasting geht es darum, aus 3-er Sets (mit zwei gleichen und einem fremden Kaffee) den „falschen“ Kaffee herauszuschmecken. Dieser Geschmackstest findet über acht 3er-Sets statt. Das Schöne fürs Publikum ist daran, dass man direkt im Anschluss sieht, wer richtig geschmeckt hat. Man kann also Punkt für Punkt mitfiebern.

Latte Art

Die Kunst, mit Milchschaum Muster auf Kaffee zu zeichnen. Optisch vielleicht die schönste Disziplin. Die Präsentationen habe ich leider verpasst bzw. zum Teil immerhin im Livestream gesehen. Wobei man im Livestream vielleicht sogar mehr sieht, als im Publikum. Die Teilnehmer haben sich tolle neue Motive einfallen lassen und souverän der Jury präsentiert. Den Titel des Latte-Art-Meisters 2015 sicherte sich Daniel Gerlach.

Baristameisterschaft (die Königsdisziplin)

Hier gilt es, innerhalb einer vorgegebenen Zeit von 15 Minuten, für die 4 sensory Judges in der Jury Espressi, Cappuccini und eine Eigenkreation zuzubereiten. Bei diesem Wettbewerb zeigt sich noch einmal ganz deutlich, dass Kaffee in seiner Komplexität und Vielfalt keineswegs hinter „populäreren“ Getränken wie Wein und Whiskey zurückstecken muss. Die Teilnehmer präsentierten ihre Kaffees äußerst professionell. Am meisten überzeugte die Jury der Auftritt von Erna Tosberg von der roestbar aus Münster. Erna sicherte sich den Titel der deutschen Barista-Meisterin schon zum 2. Mal. Herzlichen Glückwunsch!

Die Messe, das Drumherum:

Zwischen Käse-Manufakturen, Süßwaren aus Italien, Wein, Gin und Whiskey waren auch Kaffeeröstereien versteckt. Direkt neben der Meisterschafts-Bühne präsentierten sich z.B. verschiedene Münchner Röster gemeinsam an einem Messestand. Das hat richtig Freude gemacht, diese Kollegialität unter den Spezialitätenröstern zu sehen. Und – auch schön zu beobachten – die Gäste durften sich LatteArt-Muster auf den Cappuccino wünschen, das zieht natürlich immer!

Direkt gegenüber der Bühne war der wunderschön gestaltete Stand von La Marzocco fast schon ein Ruhepol im Messetrubel. Betreut wurde der La Marzocco-Stand von Familie Roth vom Espresso-Maschinenraum, hier gab es nicht nur prima Kaffee, auch jede noch so detaillierte Frage wurde kompetent beantwortet.

SCAE: die Spezialitätenkaffee-Vereinigung gab es auf der Food & Life in echt und zum Anfassen. Am SCAE-Stand gab es Anschauungsmaterial wie z.B. Mahlscheiben, Kaffeetassen aus Kaffeesatz und natürlich jede Menge Lektüre.

Der Livestream: Für alle, die den weiten Weg nach München nicht auf sich nehmen konnten oder wollten, organisierte Steffen Müller, Vorstandsmitglied der SCAE Deutschland, einen Livestream in HD-Qualität. Das war ein echtes Highlight für mich, weil ich nur übers Wochenende anreisen konnte und so auch die Vorrunden von zu Hause aus verfolgen konnte.

Die Moderation der Veranstaltung übernahmen während der gesamten 5 Tage (!) Tolga Daglum – wie immer wortgewandt – und Co-Moderator Matthias Matuschek, in Bayern bekannter Radiomoderator, der sich mit Altherrenwitzen durch die Veranstaltung quasselte.
A propos Sexismus: Nachdem ich vor einigen Wochen den Blog-Post von Cerianne Bury gelesen hatte, in dem sie analysiert, warum weniger Frauen bei Kaffee-Wettbewerben teilnehmen, hatte ich schon Sorge, wie es um die Geschlechter-Quote steht. Aber siehe da: Die Meisterschaft war mit Top-Leuten besetzt, Frauen wie Männern, je nach Wettkampf sogar in einem annähernd ausgeglichenen Verhältnis.

Insgesamt war es eine super Meisterschaft, es war richtig schön, alte Kaffee-Freunde wiederzusehen, neue zu treffen und bei der Meisterschaft den Besten auf die Finger sehen. Nächster Termin: WM 2016 in Dublin. Daumen drücken für Erna!

 

 

FAQ für die schnellen Leser:
Q: Was ist eine Kaffeeolympiade? A: Ein Wettbewerb, bei dem Profis aus der Kaffeebranche ihr Können unter Beweis stellen. Eine Jury kürt den/die deutsche/n Meister/in in verschiedenen Disziplinen.
Q: Wer veranstaltet das? A: Das deutsche Chapter der SCAE (Specialty Coffee Association of Europe).
Q: Wie sieht so etwas aus? A: Am besten in die archivierten Live-Streams reinschauen für einen ersten Eindruck.
Q: Wer hat die anderen Plätze belegt? A: Alle Platzierungen sind auf der Webseite der SCAE nachzulesen.

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